Regresse: Diffuse Bedrohung oder konkrete Gefahr?
Anders als von vielen befürchtet, gibt es derzeit wenig Anlass zur Prüfung der durchschnittlichen
Verordnungskosten bei Medikamenten - die Praxen liegen meist im Ziel. Deswegen wird gezielt nach
Wirkstoffgruppen geprüft, um den rationalen Einsatz kostenintensiver Neuerungen zu bewirken. Zur Zeit
überwiegen Regresse wegen formaler Verordnungsfehler und falsch abgerechneter Leistungen.
Ehrenamtliche beraten die Prüfgremien, um Sie vor ungerechtfertigten Forderungen zu schützen.
Gerd Praetorius berichtet aus dem Fachausschuss
Der Fachbeirat gehört zu den gemeinsamen Gremien von KV-Bremen und Krankenkassen. Er berät die unabhängige Prüfstelle bei
Arzneimittel-Richtgrößenprüfungen und bei der Prüfung "sonstiger Schäden". Gegen Bescheide der Prüfstelle kann beim
Beschwerdeausschuss Widerspruch eingelegt werden, gegen dessen Bescheide kann vor dem Sozialgericht geklagt werden.
Fachbeirat und Beschwerdeausschuss bestehen aus je 4 Vertretern der Krankenkassen, 4 Ärzten sowie einem neutralen Vorsitzenden.
Letztendlich geht es um die wirtschaftliche Verordnung von Arzneimitteln. Neben dem sorgsamen Umgang mit Ressourcen ist es sicher
wichtig, dem Vermarktungs- und Werbedruck der Industrie etwas entgegenzusetzen. Andererseits müssen auch die Besonderheiten der
ärztlichen Praxis berücksichtigt werden, in der ja auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Patienten eingegangen werden
muss.
Von den im Fachbeirat in 2021 behandelte "sonstige Schäden" endeten weniger als die Hälfte mit einem Regress. Ca. 80% der Fälle
kommen nicht zur Verhandlung - sei es, die Krankenkassse akzeptiert die Begründung des Arztes und zieht den Antrag zurück, sei es
der Arzt akzeptiert den Regress. Oft handelt es sich um kleine Beträge.
Bei den in 2021 abgeschlossenen Wirkstoffprüfungen wurden in der Hälfte der Fälle eine Beratungsauflage erteilt wurde (kann bei
erstmaliger Auffälligkeit den Regress ersetzen).
Aus meiner Sicht wird zu wenig berücksichtigt, dass durch einen Regressantrag eine erhebliche zusätzliche Belastung der betroffenen
Ärzte ausgelöst wird. Auch wenn in den Beratungen nachher versucht wird, die Regresse abzuwenden oder zu reduzieren, stehen
anfangs oft hohe, gelegentlich auch existenzbedrohende Summen im Raum. Dazu kommt ein erheblicher zeitlicher Aufwand, um das
erforderlich Datenmaterial aufzuarbeiten.
Es wäre anzustreben, Verfahren zu entwickeln, die den Ärzten bereits im Vorfeld Handlungssicherheit bei den Verordnungen
verschaffen. Bis dahin bleibt nur die Möglichkeit, durch Mitarbeit in den Prüfgremien ärztliche Sichtweisen in die Entscheidungen
einfließen zu lassen.